Warum ich keine Rohdaten an Kunden weitergebe

Immer öfter lese ich in verschiedenen Foren, dass Kunden, speziell Brautpaare, als Bedingung für die Buchung eines Fotografen die Übergabe von Rohdaten, also in den meisten Fällen die RAW Bilder verlangen.

Viele Fotografen stehen dann vor dem Dilemma vielleicht einen Auftrag zu verlieren und geben dem Kundenwunsch nach.
Warum?

Ein RAW ist eine (nahezu) unbearbeitete digitale Datei, direkt aus der Kamera. Nahezu deshalb, weil jede Kamera vom Menschen entwickelt und programmiert wurde. Somit wirken schon hier subjektive Einflüsse auf das RAW ein und jede Kamera erzeugt ihre eigene Datei. Aber dieses Punkt übersehen wir mal.

 

Was ist denn überhaupt ein RAW?

Gehen wir also davon aus, dass ein RAW das Urbild speichert. Es wandelt den fotografierten Moment in digitale Daten um und speichert alle Informationen auf der Karte ab. Entspricht dieses Bild also nun dem was wir in diesem Moment gesehen haben?
Nein, denn auch unsere Augen und unser Gehirn "entwickelt" bereits das was wir zu sehen glauben. Wir haben einen eingebauten Weißabgleich und unser Gehirn kann durch das Auge viel mehr Tonwerte sehen, also die Abstufungen zwischen ganz Schwarz und ganz weiß.
Wenn wir z.B. eine Landschaft und den Himmel betrachten kann unser Auge alle hellen und dunklen Abschnitte perfekt darstellen, ohne dass Bereiche für uns ausbrennen (überbelichtet) oder absaufen (unterbelichtet). Unser Auge kann einen Dynamikumfang von ca. 20 Blendenstufen darstellen. Selbst die besten Kameras haben nur einen eingeschränkten Umfang von ca. 12 Blendenstufen.

 

Ein digitales Bild, egal ob RAW oder JPEG kann also niemals alles das auf einem Bild darstellen was wir in diesem Moment sehen. Aber heutige Kameras bilden schon sehr viel davon ab. Analoge Farbfilme liegen übrigens bei ca. 10 Stufen, SW-Filme bei ungefähr 14.
Gerade wenn man dann aber ein RAW betrachtet wird der Laie erstmal enttäuscht sein. Das Bild hat keine Schärfe, die Kontraste sind flau, die Farben eher schwach ausgeprägt. Und das bei einer Kamera, die vielleicht ein paar tausend Euro gekostet hat.

 

 

 

Ab in die Dunkelkammer

Auch im Jahr 2017 müssen Bilder mal aus der Kamera direkt in die (digitale) Dunkelkammer. Natürlich stehen wir heute nicht mehr in dunklen Räumen und belichten unsere Fotos in diversen Flüssigkeiten. Die heutige Speicherkarte würde das auch nicht sehr gut vertragen... :-)

Wir Fotografen sitzen zwar gemütlich vor dem Computer, aber der Prozess ist im Prinzip der gleiche. Das Bild muss bearbeitet werden, Lichter und Tiefen werden angepasst, manches wird heller gemacht und manche Bereiche werden noch dunkler entwickelt.

Dafür gibt es heute auch schon einige Apps und Programme mit den auch ein ungeübter vielleicht respektable Ergebnisse erzielt.
Trotzdem, ein RAW Bild aus der Kamera MUSS zuerst mal bearbeitet werden.

 

 

Bestellen Sie eine fertige Torte oder nur die Zutaten?

Wenn Sie z.B. Ihre Hochzeitstorte bestellen, erwarten Sie dann von Ihrem Konditor, dass er Ihnen zusätzlich nochmal alle Zutaten extra liefert?

Auch meine RAW Datei ist noch nicht fertig "gebacken"! Wenn ich Bilder an meinen Kunden liefere, dann ist das eine fertige Jpeg Datei, die er auf jedem PC öffnen kann und die von der Belichtung bis zur Schärfe perfekt bearbeitet wurde. Eben wie die Torte, die sicher lecker schmeckt!
Hören Sie bitte auf nach den RAW Daten zu fragen. Ich werde diese nicht übermitteln! Auch wenn Sie eine tolle Bearbeitungs-App am Handy haben öder Ihr Cousin 4. Grades ja auch Hobyy-Fotograf ist und das für Sie bearbeitet....
Ich werde mir weiterhin noch das Geheimnis der Bildbearbeitung bewahren, so wie auch Ihr Konditor nicht alle seine Kochgeheimnisse verrät. Und keine Angst, es gibt keine versteckten Details eines Bildes, dass sie dann vielleicht in der RAW Datei entdecken. Ihr Berufsfotograf beherrscht sein Handwerk und holt alles aus der Datei!

 

Und das Urheberrecht?
Ein weiterer Grund, warum ich keine RAW Daten an Kunden weitergebe, ist das Thema Urheberrecht. Natürlich sind mit dem jeweiligen Bild meine Copyright Daten verknüpft. Aber wenn ich eine Datei aus der Hand gebe habe ich keine Kontrolle über eine allfällige Manipulation oder ähnliches. Sollte es irgendwann zu einer Situation kommen, in der ich meine Urheberschaft beweisen muss, soll einfach nirgendwo anders plötzlich ein Bild und ein angeblicher Urheber auftauchen.
Auch in der analogen Fotografie hätten Sie damals wohl kaum die Negative von Ihrem Fotografen erhalten, sondern eben nur fertige Abzüge...

Vertrauen Sie Ihrem Fotografen, dass er aus allen Bildern immer das Beste rausholt. Ein gewissenhafter Berufsfotograf wird immer kundenorientiert agieren und für Sie die schönsten Momente in perfekten Bildern liefern, denn dafür zahlen Sie ja auch einen angemessenen Preis!